Statistik und Intuition

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Behemoth
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Statistik und Intuition

Beitrag von Behemoth » Dienstag 29. Juni 2010, 12:07

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Magic
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Magic » Dienstag 29. Juni 2010, 21:58

Einen feinen Artikel hast du da gefunden. :) Ich kannte die Variante schon, hab aber trotzdem wieder vergessen, dass es eine Rolle spielt. Hier eine weitere Variante mit mehr Erklärungsversuchen: http://en.wikipedia.org/wiki/Boy_or_Girl

Falls jemand schmökern möchte, hier sind weitere nicht intuitive Gedankenspiele, die mir sehr gefallen:
- Es ist naheliegend, dass Konkurrenten (z.B. Tankstellen, Supermärkte) direkt nebeneinander bauen. http://de.wikipedia.org/wiki/Hotellings_Gesetz
- Erweiterung eines Straßennetzes um eine Straße kann Verkehrsfluss verschlechtern, mit realen Beispielen. http://de.wikipedia.org/wiki/Braess-Paradoxon
- Sieger in allen Einzeldisziplinen bedeutet nicht zwingend Gesamtsieger, mit realem Beispiel. http://de.wikipedia.org/wiki/Simpson-Paradoxon
- Für fast jeden gilt: Dessen Freunde haben im Schnitt mehr Freunde als er/sie selbst. http://en.wikipedia.org/wiki/Friendship_paradox
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Behemoth » Dienstag 29. Juni 2010, 23:08

Das letzte ist ulkig.
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von LiMuBei » Mittwoch 30. Juni 2010, 09:45

Ich finde das zeigt einfach wie problematisch die Wahrscheinlichkeitsrechnung ist. Das Ergebnis hängt einfach so stark von der Formulierung der Zufallsvariablen ab, dass da eben genau sowas bei rauskommen kann.
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Behemoth » Mittwoch 30. Juni 2010, 10:08

Die Wahrscheinlichkeit im Lotto zu gewinnen ist 50:50 - man gewinnt, oder man gewinnt nicht.
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Edrimar » Mittwoch 30. Juni 2010, 15:13

Behemoth hat geschrieben:Die Wahrscheinlichkeit im Lotto zu gewinnen ist 50:50 - man gewinnt, oder man gewinnt nicht.
hahaha der is gut :D

Wenns um Wahrscheinlichkeiten geht, bin ich total unfähig. Ich habe selbst nach dem Lesen des Artikels nicht verstanden, warum die Chance nicht 50:50 fürn Jungen ist^^

Genauso das GefangenenParadox:

„In einem Gefängnis sitzen drei zum Tode verurteilte Gefangene: Anton, Brigitte und Clemens. Genau einer von ihnen soll begnadigt werden. Dazu wird ein Los gezogen, das allen die gleiche Chance gibt, begnadigt zu werden. Der Gefangene Anton, der also eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 1/3 hat, bittet den Wärter, der das Ergebnis des Losentscheids kennt, ihm einen seiner Leidensgenossen Brigitte oder Clemens zu nennen, der oder die sterben muss. Der Wärter antwortet ‚Brigitte‘ und lügt nicht. Wie hoch ist nun Antons Überlebenswahrscheinlichkeit?“

Die Lösung ist: die Wahrscheinlichkeit bleibt 1/3.

Ich hab die Erklärung im Wiki dazu gelesen.. aber es fühlt sich einfach falsch an für mich^^

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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von LiMuBei » Mittwoch 30. Juni 2010, 15:53

Edrimar hat geschrieben:Ich habe selbst nach dem Lesen des Artikels nicht verstanden, warum die Chance nicht 50:50 fürn Jungen ist^^
Das geht mir ganz genauso. Aber ich denke es zeigt halt eben dass Wahrscheinlichkeiten stark vom "Standpunkt" abhängen.
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Behemoth » Mittwoch 30. Juni 2010, 17:05

Ich wollte 'ne Erklärung schreiben, aber es ist viel zu heiß.

Aber im Prinzip ist es genau das gleiche wie mit dem Lotto.

Das mit dem Gefangenen ist das gleiche Problem: Anton ist von der Aufzählung ausgeschlossen. Würde Anton statt "nenne mir einen meiner Mitgefangenen, der verurteilt wird" sagen "nenne mir einen von uns, der verurteilt wird", dann hätte er eine Chance von 1/2.
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Hao » Mittwoch 30. Juni 2010, 19:25

Warum das ganze so ist, wie es ist, spielt doch eigentlich gar keine Rolle.
Wie hoch ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass jemand von uns in so eine Situation kommt, dass ihm das Wissen über die anderen Wahrscheinlichkeiten weiterhilft? :P
immer von hinten...

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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Magic » Mittwoch 30. Juni 2010, 19:50

Das mit dem 1/2 beim Gefangenen-Rätsel habe ich nicht kapiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass Anton verurteilt wird, ist 2/3. Die Wahrscheinlichkeit, dass er auf "nenne mir einen von uns, der verurteilt wird" genannt wird, ist 1/3. Und zwar 2/3 für verurteilt Sein multipliziert mit 1/2, [Edit: von den Verurteilten] genannt zu werden.

Bei Wahrscheinlichkeiten ist es immer auch wichtig, wann die zufällige Ziehung stattfindet. Das Pendant dazu ist das Ziegenproblem. Hier beachten viele nicht, dass die Ziehung vor dem Öffnen der Tür stattfand.

Ich habe 3 Mal hintereinander Kopf geworfen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, nochmal Kopf zu werfen? Bei einer perfekten Münze 1/2. Das "nochmal" ist dabei eine sprachliche Irritation. Trotzdem geht es um die Wahrscheinlichkeit nach den 3 Mal Kopf. (Sonst würde ich ja nicht "nochmal" sagen.) Die Wahrscheinlichkeit, 4 Mal Kopf bei 4 Würfen zu werfen ist natürlich 1/2^4.

Edit: Sprachproblem!
Zuletzt geändert von Magic am Mittwoch 30. Juni 2010, 23:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Centurion » Mittwoch 30. Juni 2010, 20:37

Sprachliche Irritationen sind oft das Problem, insbesondere wenn das Problem als Sachverhalt der realen Welt formuliert ist, wie z.B. auch das Zwei-Kinder-Problem. Denn es ist ja so, dass man den realen Sachverhalt erstmal in ein mathematisch greifbares Zufallsexperiment übersetzen muss (also z.B. in eine Ziehung aus einer Urne, kennt man aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung in der Schule). Dabei kann man intuitiv viel falsch machen und darauf geht der Artikel leider auch nicht ein. Der Knackpunkt ist, dass man alle Informationen über den realen Sachverhalt in das Zufallsexperiment einfließen lassen muss.

Wenn ich jetzt z.B. sage, das Geschlecht des einen Kindes steht ja schon fest, es geht also nur um das andere, dann kommen in meine Urne je ein Zettel "Junge" und "Mädchen", es muss schließlich entweder das eine oder das andere sein. Damit wäre die Wahrscheinlichkeit 1/2. Die Frage war aber nicht "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das andere Kind auch ein Junge ist?" sondern "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass _beide_ Jungen sind?". An der Formulierung sieht man, dass unser Zufallsexperiment auf jeden Fall die Geburten _beider_ Kinder abdecken muss. Man vergleiche mit Sungis Münzbeispiel.

Also sage ich, ich ziehe aus meiner Urne zwei Mal, ein Mal pro Kind. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, zwei Jungen zu bekommen 1/4. Das ist natürlich auch falsch, denn so könnte ich ja auch zwei Mädchen ziehen und hätte damit die Information unterschlagen, dass auf jeden Fall ein Kind ein Junge ist. Wenn ich jetzt, anstatt zwei Mal zu ziehen, vier Zettel in meine Urne tue: "Mädchen, Junge", "Junge, Mädchen", "Junge, Junge", "Mädchen, Mädchen". Ich weiß, dass "M, M" nicht geht, also nehm ich den Zettel wieder raus. Siehe da, die Wahrscheinlichkeit für "J, J" ist 1/3.

Jetzt könnte man noch fragen, warum in die Urne Zettel für "M, J" _und_ "J, M" kommen und nicht nur einer, von der Reihenfolge ist in der Frage ja schließlich nicht die Rede. Aber wenn wir nur einen der beiden Zettel in die Urne tun, unterschlagen wir das Wissen, dass wir es in der realen Welt mit zwei separaten Geburten zu tun haben.

Nach dem Ziegenproblem hat mich übrigens seinerzeit mein erster Chef beim Vorstellungsgespräch gefragt und ich hab's natürlich prompt intuitiv und damit falsch gemacht. :roll:
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Centurion » Mittwoch 30. Juni 2010, 20:45

Was ich noch sagen wollte: Jan's Lotto-Beispiel zeigt das Problem mit der Abbildung von realen Vorgängen in der Wahrscheinlichkeitsrechnung besonders gut, weil es so schön übertrieben ist. Wenn ich jetzt frage: "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, beim Setzen auf eine Farbe beim Roulette zu gewinnen?", dann ist die Antwort "50:50, entweder man gewinnt, oder man gewinnt nicht" genau richtig. Dass man erkennt, das die Antwort bei der einen Frage blödsinnig und bei der anderen richtig ist, liegt nur daran, dass man die beiden Glücksspiele in der realen Welt kennt und deshalb ungefähr weiß, wie das zugehörige Zufallsexperiment aussehen muss.
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Magic » Mittwoch 30. Juni 2010, 23:16

Stimme zu beim sprachlichen Problem. Der Wikipedia-Artikel "Boy or Girl" geht auch genau darauf ein, wie wurde denn ermittelt, dass ein Kind ein Junge ist. Die beiden Fragen "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das andere Kind auch ein Junge ist?" / "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass _beide_ Jungen sind?" sind in dem Rätsel allerdings gleichwertig für mich. Beide beziehen sich in deiner Erklärung auf die Urne, nachdem "Mädchen, Mädchen" entfernt wurde.

Das Ziegenproblem hätte ich intuitiv auch falsch gemacht. Hat dir der Chef nicht übel genommen, oder? Geht eher um die Reaktion, schätze ich. Beim Roulette hast du die 0 vergessen. :)
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Centurion » Mittwoch 30. Juni 2010, 23:30

Magic hat geschrieben:Stimme zu beim sprachlichen Problem. Der Wikipedia-Artikel "Boy or Girl" geht auch genau darauf ein, wie wurde denn ermittelt, dass ein Kind ein Junge ist. Die beiden Fragen "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das andere Kind auch ein Junge ist?" / "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass _beide_ Jungen sind?" sind in dem Rätsel allerdings gleichwertig für mich. Beide beziehen sich in deiner Erklärung auf die Urne, nachdem "Mädchen, Mädchen" entfernt wurde.
Sehe ich nicht so. Ich vergleiche es direkt mit Deinem Münzenbeispiel. Die erste Frage entspricht "Ich habe einmal Kopf erhalten. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, nochmal Kopf zu bekommen?" Das Wörtchen "andere" ist wie "nochmal" nur eine sprachliche Irritation. Die zweite Frage entspricht "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, bei zwei Münzwürfen zweimal Kopf zu erhalten?".
Magic hat geschrieben:Das Ziegenproblem hätte ich intuitiv auch falsch gemacht. Hat dir der Chef nicht übel genommen, oder? Geht eher um die Reaktion, schätze ich.
Richtig. Er hat das praktisch jeden Bewerber gefragt um herauszufinden, wie man weitermacht, wenn man an einem Problem erstmal scheitert, ob man z.B. auf einem Blatt Papier die möglichen Ergebnisse des Ziegenproblems durchgeht, um doch noch zur richtigen Lösung zu kommen.
Magic hat geschrieben:Beim Roulette hast du die 0 vergessen. :)
Mist, es hat jemand gemerkt. Mir war es schon bewusst, aber ich hab's verschwiegen, weil mir auf die Schnelle kein anderes reales Glücksspiel mit Gewinnwahrscheinlichkeit 1/2 eingefallen ist.
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Re: Statistik und Intuition

Beitrag von Magic » Mittwoch 30. Juni 2010, 23:38

Centurion hat geschrieben:Sehe ich nicht so. Ich vergleiche es direkt mit Deinem Münzenbeispiel. Die erste Frage entspricht "Ich habe einmal Kopf erhalten. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, nochmal Kopf zu bekommen?" Das Wörtchen "andere" ist wie "nochmal" nur eine sprachliche Irritation. Die zweite Frage entspricht "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, bei zwei Münzwürfen zweimal Kopf zu erhalten?".
Dies sehe ich wiederum nicht so. Beim Kinderrätsel wurde bereits festgestellt, dass ein Junge dabei ist. Die Frage ist, wie wurde er ermittelt. Beim Münzenrätsel ist dabei der Zeitpunkt der Unterschied, also zwischen Wurf 3 und 4 - oder vor Wurf 1.

Oder anders herum: Wenn du bei der Frage "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass _beide_ Jungen sind?" sozusagen vor der Ziehung bist, woher kommt dann die Information, dass ein Junge dabei sein wird?
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